21.04.2016

Arbeitstagung: "Die Kiefer in Bayern: Auslauf- oder Zukunftsmodell?"


Diskussion im Saal

Exkursionspunkt Kiefernaturverjüngung nach Bodenverwundung

Exkursionspunkt Temporäre Versuchsflächen der TUM

Exkursionspunkt Temporäre Versuchsflächen der TUM, Alle Fotos TUM

Unter der Überschrift „Die Kiefer in Bayern: Auslauf- oder Zukunftsmodell?“ trafen sich am 15.04.2016 Vertreter der Bayerischen Forstverwaltung und Bayerischen Staatsforsten sowie Mitarbeiter des Lehrstuhls für Waldwachstumskunde und Vertreter forstlicher Forschungseinrichtungen anderer Bundesländer zu einer forstlichen Arbeitstagung in Rohrbach a. d. Ilm.

Bei der Tagung ging es darum, aktuelle Forschungsergebnisse und waldbauliche Behandlungskonzepte zur Baumart Kiefer vorzustellen und zu diskutieren. Aufbauend auf den Ergebnissen wurden dann weiterer Forschungsbedarf und konkrete Handlungsempfehlungen für die Praxis diskutiert.

Die Veranstaltung richtete sich insbesondere an Forstbetriebe und Institutionen, die die laufenden Forschungsarbeiten des Lehrstuhls für Waldwachstumskunde zur Kiefer durch Flächen- und Personalbereitstellung, Projektförderung oder wissenschaftliche Kooperation unterstützt haben.

Im Vordergrund der Tagung standen unter anderem die gegenwärtige und zukünftige Verbreitung der Baumart Kiefer in Bayern. Dr. Hans-Joachim Klemmt, Abteilungsleiter an der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) stellte hierzu die Ergebnisse der dritten Bundeswaldinventur vor. Danach hat der Flächenanteil der Kiefer in Bayern in der letzten Inventurperiode von 2002-2012 um fast 43.000 Hektar abgenommen. Ungeachtet dessen ist die Kiefer weiterhin die zweitwichtigste Baumart in Bayern, und die bayerische Kiefernfläche ist mit insgesamt rund 417.000 Hektar nach Brandenburg die zweitgrößte der Bundesrepublik.

Mit Blick auf die kommende Bedeutung der Kiefer in Bayerns Wäldern beleuchtete Dr. Steffen Taeger (LWF) die zukünftige Anbaueignung der Kiefer. Hierbei ging er insbesondere auf die zu erwartenden Temperaturerhöhungen ein, die auch vor der Kiefer nicht haltmachen. Wenngleich der Kiefer insgesamt eine vergleichsweise hohe Trockenheitstoleranz zugeschrieben wird, ist auch der Anbau der Kiefer in 50 bis 100 Jahren insbesondere in Teilen Mittel- und Unterfrankens mit erhöhten Risiken verbunden. Die Kiefer sollte insbesondere dort nicht mehr in Reinbeständen, sondern nur noch in Mischung mit trockenheitstoleranten Laub- und Nadelbäumen angebaut werden.

Enno Uhl vom Lehrstuhl für Waldwachstumskunde (WWK) der Technischen Universität München (TUM) zeigte auf, welche Bandbreite die Wachstumsverläufe unterschiedlicher Kiefernherkünfte aufweisen. Hierbei verglich er sowohl die Produktivität von 12 bayerischen Kiefernherkünften, als auch deren Zuwachsreaktion in extremen Trockenjahren. Mit Blick auf den Durchmesser- und Grundflächenzuwachs in Trockenjahren zeigte die Baumart Kiefer insgesamt nur vergleichsweise niedrige Zuwachseinbrüche mit nur geringfügigen Unterschieden zwischen den einzelnen Herkünften.

Diesen Befund bestätigte auch Klaas Wellhausen vom Lehrstuhl für Waldwachstumskunde (TUM). In einem Baumartenvergleich zwischen Kiefer und Fichte zeigte er, dass die Baumart Fichte in den von ihm untersuchten Reinbeständen in Trockenjahren einen mehr als dreimal so hohen Zuwachseinbruch erleidet wie die Kiefer. In Mischung fällt der Zuwachseinbruch der Fichte dahingegen etwas geringer aus und wird zudem im Mischbestand noch durch das weniger beeinträchtigte Wachstum der Kiefer aufgefangen. Mit Blick auf das mittelfristige Zuwachsverhalten zeigte Klaas Wellhausen weiterhin, dass Kiefern-Fichten-Mischbestände auf dem von ihm untersuchten Standortspektrum eine im Mittel um mindestens 5% höhere relative Produktivität aufweisen. Diese Produktivitätssteigerung im Mischbestand wird vor allem durch einen relativen Mehrzuwachs der Baumart Fichte getragen, der auf eine höhere Bestandesdichte (Stammzahl) und einen höheren Einzelbaumzuwachs zurückzuführen ist. Zwar zeigt auch die Kiefer im Mischbestand signifikant höhere Stammzahlen, profitiert aber insgesamt weniger von einem Wachstum in Mischung als die Fichte.

Ergebnisse für die Baumartenmischung Kiefer-Buche präsentierte Prof. Hans Pretzsch, Leiter des Lehrstuhls für Waldwachstumskunde (TUM). Auf Basis einer europäischen Transektstudie (EuMIXFOR) mit insgesamt 32 Versuchsstandorten konnte er für mitteleuropäische Verhältnisse einen mittleren Mehrzuwachs der Mischbestände von 30% nachweisen. Vergleicht man diese hohen Mehrzuwächse mit anderen Baumartenmischungen liegen sie im obersten Wertebereich. Ursache hierfür ist unter anderem die ausgeprägte Nischenkomplementarität der Lichtbaumart Kiefer und Schattbaumart Buche, die insgesamt höhere Bestandesdichten erlaubt. Prof. Pretzsch konnte weiterhin nachweisen, dass der Mischungseffekt auf besser wasserversorgten Standorten besonders hoch ausfällt. Gleichzeitig verschärft sich auf diesen Standorten auch der zwischenartliche Konkurrenzdruck, insbesondere für die Baumart Kiefer.

Hans Mages, Teilbereichsleiter Waldbau, stellte anschließend die Kiefernrichtlinie der Bayerischen Staatsforsten vor. Er zeigte auf, dass die Bayerischen Staatsforsten trotz künftig deutlich zurückgehender Flächen- und Vorratsanteile der Baumart Kiefer langfristig einen Kiefernanteil von rund 9% erhalten wollen. Hierbei stellte er die aktuelle und zukünftige Bedeutung von klimatoleranten Kiefernmischbeständen heraus.

Die Umsetzung der BaySF-Kiefernrichtlinie in der Praxis stellte dann auch einen Schwerpunkt der abschließenden Exkursion in die kiefern- und fichtengeprägten nördlichsten Reviere des Forstbetriebs Freising dar. Insbesondere ging es um planmäßige Verjüngung von Kiefern-Fichten-Beständen und den Aufbau standortgemäßer, gemischter und klimatoleranter Folgebestockungen mit einer angemessenen Beteiligung der Baumart Kiefer. Hierbei wurde aufgezeigt, dass zur ausreichenden Etablierung von Kiefernnaturverjüngung neben dem entsprechenden waldbaulichen Vorgehen oftmals schonende Bodenverwundung erforderlich ist.
(Download Tagungsrückblick als pdf-Datei)

Vorträge der Tagung können hier heruntergeladen werden:

KLEMMT/TAEGER: Ergebnisse aus Waldinventuren und Einschätzung des Anbaurisikos

UHL: Produktivität und Trockenstressreaktion verschiedener bayerischer Kiefernherkünfte

WELLHAUSEN: Zuwachs, Bestandesstruktur und Einzelbaummorphologie
von Kiefer und Fichte im Rein- und Mischbestand

PRETZSCH: Produktivität und Struktur von Kiefer und Buche
in Mischung im Vergleich zum Reinbestand

MAGES: Grundsätze für die Bewirtschaftung von Kiefern- und Kiefernmischbeständen bei den Bayerischen Staatsforsten (Downloadmöglichkeit bis 31.05.2016)

Poster der Tagung können hier heruntergeladen werde:

BAYERISCHE STAATSFORSTEN (Downloadmöglichkeit bis 31.05.2016):
Kiefer im Altbestand in der Forsteinrichtungsplanung
Kiefern-Naturverjüngung nach Bodenverwundung

LEHRSTUHL FÜR WALDWACHSTUMSKUNDE:
Temporäre Versuchsflächen Geisenfeld (GEI 1016) zur Analyse des Wachstums von Kiefer und Fichte im Rein- und Mischbestand